Neuregelung für Erbfälle mit Auslandsbezug in der EU

Erbrecht

Am 16. August 2012 ist die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) in Kraft getreten. Sie gilt unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EU außer Dänemark, Großbritannien und Irland für Erbfälle ab dem 17. August 2015. Sie regelt auch gegenüber Drittstaaten welches nationale Erbrecht anzuwenden ist und welche staatlichen Stellen tätig werden dürfen.

Sie hat Bedeutung, wenn der Erblasser Vermögen (z. B. eine Immobilie oder Bankvermögen) in einem anderen Mitgliedstaat hinterlässt, dort gelebt hat oder eine andere Staatsangehörigkeit besitzt. Die EU-ErbVO beinhaltet wesentliche Änderungen und eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten. Bestehende Testamente und Erbverträge sollten überprüft und neue unter ihrer Berücksichtigung abgeschlossen werden.

Ihr wesentlicher Inhalt ist:

Anzuwendendes Recht, Nachlasseinheit

Während sich bislang nach deutschem Recht das anzuwendende Erbrecht nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers richtet (Staatsangehörigkeitsprinzip), weshalb deutsche Staatsangehörige stets nach deutschem Recht beerbt werden, bestimmt sich das anzuwendende Erbrecht künftig grundsätzlich nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes (Aufenthaltsprinzip). Dies verändert grundlegend die Rechte der Beteiligten, z. B. im Hinblick auf Pflichtteilsansprüche.

Der Erblasser kann durch Verfügung von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder seines Todes angehört. Es ist daher zu prüfen, ob das Recht des Aufenthaltsstaats oder der Staatsangehörigkeit attraktivere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Das deutsche Erbrecht bietet insbesondere eine langfristige erbrechtliche Bindung durch gemeinschaftliches Testament, Vor- und Nacherbfolge sowie Dauertestamentsvollstreckung.

Nach deutschem Recht werden Auslandsimmobilien nach dem Erbrecht des jeweiligen Belegenheitsorts vererbt. Diese sogenannte Nachlassspaltung entfällt. Dies gilt auch für die Möglichkeit für in Deutschland belegenen Grundbesitz deutsches Erbrecht zu wählen. Es gilt der Grundsatz der Nachlasseinheit.

Gerichtliche Zuständigkeit

Die gerichtliche Zuständigkeit besteht ausschließlich in dem Staat, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Nur wenn der Erblasser das Recht eines anderen Mitgliedstaates gewählt hat, kommt eine Zuständigkeit von dessen Gerichten in Betracht, insbesondere wenn die Beteiligten sie vereinbaren. Dem Wettlauf der Beteiligten zu dem für sie vorteilhaftesten Gericht, sog. Forum Shopping, ist damit ein Ende bereitet.

Sachenrecht

Sachenrechtliche Anforderungen bleiben unberührt. Auch wenn das Erbrecht eines anderen Mitgliedstaats anwendbar ist, bedarf es zum Eigentumserwerb eines in Deutschland belegenen Grundstücks durch einen Vermächtnisnehmer der Auflassung vor einem deutschen Notar und der Eintragung in das deutsche Grundbuch.

Europäisches Nachlasszeugnis

Das Europäische Nachlasszeugnis gilt in allen Mitgliedstaaten und ersetzt den Erbschein. Es gibt insbesondere Auskunft über das anwendbare Recht, Art und Weise der Berufung, Person des Erben, die Erbquoten und die dem Nachlassberechtigten zustehenden Vermögenswerte. Das Zeugnis enthält eine Vermutungswirkung für die Richtigkeit der vorbenannten Auskünfte. Seine Verwendung ist nicht verpflichtend.

Die EU-ErbVO lässt das jeweilige nationale Erbrecht und die Besteuerung unberührt.